Ein Buch namens "Dräschdn". Die Abschlussfahrt

Kapitel 1: Dem Sturm entflohen

Zu einem professionellen Teammanagement gehört auch ein Wetterkompetenzzentrum. Frühzeitig sagte uns dieses für den 30.06.2012 ein stürmisches Wochenende in Berlin voraus. Einzige ruhigere Ecke in Deutschland: Dresden. Also hin da und den Wetterfröschen vertrauen. Die Entscheidung war richtig. Zufällig organisierte der SVF Dresden e.V. zeitglich wieder mal sein Riesenturnier: den Saxony-Cup. Ein wahrliches Riesenturnier mit 97 Mannschaften. Und das alles an einem Tag. Wir nahmen daran teil und spielten und spielten…und spielten….und spielten….auch als alle anderen Mannschaften schon längst weg waren. Wir spielten immer noch. Bis zum bitteren Ende. So kennt man uns. Fortsetzung folgt.

Kapitel 2: Die Herberge

Wir reisten mit 11 tollen Kindern und 13 verwachsenen Eltern - rein medizinisch betrachtet - am Freitagnachmittag an. Alle wurden in 5 PKWs sicher verpackt. Fahrzeit Berlin-Dresden: 2,5 Stunden. Die gebuchte Unterkunft für zwei Tage: eine Jugendherberge in der Innenstadt von Dresden. Die Erwartungen an die Unterkunft waren nicht hoch. Der ein oder andere trug sicher auch ein paar Ängste in sich. Und dann die Überraschung. Alles absolut sauber und im neuen Zustand, ein sehr guter Hygiene-Bereich und die Zimmergrößen i.d.R. von zwei bis max. fünf Betten. Keine Hochbetten und viel Platz. Das Frühstück: reichhaltig und für die Preisklasse gut. Die Lage: ideal. Personal: bestimmend, aber sehr freundlich. In Summe eine echte Empfehlung für alle Gruppenreisen nach Dresden und kleinem Geldbeutel.

Hier die Adresse: Jugendgästehaus Dresden, Maternistraße 22, 01607 Dresden; Tel.: 0351-492620

Kapitel 3: Der Saxony-Cup. Sportveranstaltung oder Moderatorenwettbewerb?

Etwas müde und gespannt auf die Dinge, die auf unserem ersten Großturnier auf uns zukommen werden, ging es in Richtung Ostra-Park/Dresden: das weltweit größte Sportgelände dieser Art. Die Massen trudelten ein. Über 1.200 Spieler von G bis D-Junioren - plus Anhang. Wahnsinn! Es wirkte aber niemals beengend. Platz war genug vorhanden. Wir nun mittendrin. Das Turnier wurde lange und detailliert vorbereitet. Trotzdem starteten wir mit Verspätung. Die Begrüßung: nein, es wurde nicht jeder Verein separat vorgestellt. Das hätte den Zeitrahmen gesprengt. Also gab es allgemeine Grüße an die Bundesländer aller Vereine sowie explizit an die „polnischen Freunde“. Alle Bundesländer? Berlin war mit SSC Teutonia und Blau-Weiß Spandau vertreten. Wir fanden leider keine Erwähnung. Ok. Kann ja mal passieren. Und dann ging es los. Mit Fußball? Noch nicht. Merkt euch diese Namen: Ronny Maiwald und Helmut Rinke. Solltet ihr auf irgendeiner Veranstaltung diese Moderatoren angekündigt bekommen, dann fangt an zu Laufen oder ertragt es einfach. Stellt euch auf einen „sächsischen Dauerplauderwettbewerb“ ein. Wer es mag, für den ist es spannend. Ich fand es nach zehn Minuten einfach nur nervig. Und das dann 8 Stundenlang. Ich habe es irgendwann unter einem kostenlosen Volkshochschulkurs sächsisch-deutsch, deutsch-sächsisch abgelegt. Die Moderatoren zogen alle Register. Und passend zum Sportgelände war die Lautsprecheranlage auch noch mit Bose-Boxen der Extraklasse ausgestattet. Eine Megabelastung für die Ohren und fürs Gemüt.

Fußball wurde nebenbei auch noch gespielt. Die Scouts von Bayern, Dortmund sowie einiger anderer Vereine beobachteten das Treiben. Bei den D-Junioren traten 21 Mannschaften an. Es wurden zwei separate Gruppenrunden gespielt. In der ersten Runde trafen wir gleich auf zwei Dresdener Spitzenteams (Dynamo und Dresden Süd-West). Beide gingen verloren (0:2 und 1:4). SG Neukirchen konnte klar mit 4:0 bezwungen werden. Es reichte also nur für Platz drei in der Gruppe und wir mussten leider die Trostrunde um Platz 10-20 bestreiten. An dieser Stelle muss erwähnt werden, dass wir längst nicht in Bestbesetzung antreten konnten. Zu unseren 10 aktiven Spielern zählten auch Gerard (1.E), Max (2.D) und Quinn, die sich voll reingesteigerten und eine tolle Leistungen ablieferten. Super Jungs und Dankeschön!

In unserer Finalrunde sollte es wieder aufwärts gehen. Zuerst aber die Mittagspause. Die Außentemperaturen lagen bestimmt bei über 30°C. Essen fassen. Aber nur für diejenigen, die überhaupt wollten/konnten und auch genügend Geduld mitbrachten. Zwei Bratwurststände (bei 2.500 Gästen!) und lange Schlangen - für manch einen Gast ein geliebtes Bild aus vergangenen Tagen, für uns eine weitere, ermüdende Begleiterscheinung. Ich probierte notgedrungen ein „kurzgebratenes“ Nackensteak. Die Hälfte davon ging an die Dresdener Tafel.

Endlich ging es weiter. Ronny und Helmut trieben weiter ihr verbales Unwesen. Unser Spiel wurde deutlich besser. 3 Siege, 1 Unentschieden, 1 Niederlage. Damit Gruppenzweiter und Halbfinalist. Platz 10 sollte es dann doch noch sein.

Das Halbfinale: wie bei allen Spielen trafen wir 10 Minuten vor Spielbeginn auf dem zugewiesenen Platz ein. Ein Gegner kam auch. Anpfiff und los gings. Begleitend zu unserem Spiel führte Starmoderator Ronny die Siegerehrung der D-Junioren durch. Was war das denn? Hatten wir was verpasst? Egal. Ein Organisatorenteam war ja vor Ort regelte alle Paarungen. Ein lockeres und sicheres 2:0 sollte uns das Finale bescheren! Freude bei der Mannschaft. Doch dann kam die nächste Überraschung. Ein Excel-Fehler im Turnierplanungsprogramm wies uns einen falschen Halbfinalgegner zu. Und nüö? Irritationen und Diskussionen. Am Ende mussten wird wir den Verlierer aus dem zweiten Halbfinale nehmen. Mehr Mannschaften waren mittlerweile auch nicht mehr anwesend. Mit einem 3:0 Sieg beendeten wir das Turnier (Platz 13) und freuten uns auf eine ganz persönliche Siegerehrung im kleinen Kreis sowie einen tollen Pokal (2 cl für die Gemeinschaftsfüllung). Ach ja. Es gab ja für jeden Teilnehmer auch noch eine Medaille.

Der Saxony-Cup: wie die Großen angefangen und klein beendet. Das Turnier ist eine organisatorische Meisterleistung - letztendlich aber wohl nur ein günstig gestaltetes Sichtungsturnier für die Scouts sowie Ronnys und Helmuts Saisonhöhepunkt.

Kapitel 4: Treten und Schwitzen für die Mannschaftskasse. Tobis Herausforderungen

Erinnert ihr euch noch an die jungen wilden Zeiten der „Mittzwanziger“? Sicherlich. Was war da alles möglich!? Jeder war der Beste und keine Hürde war hoch genug. Und unser Tobi liebt dieses Spiel ebenso. Er kann mit sich zufrieden sein. Irgendwann im Turnier entdeckte er die Schießbude vom mdr. Eine Geschwindigkeitsmessanlage für Fußballbauarbeiter. Tobi schaffte mehrfach stolze 128 km/h!! Ich habe keinen besseren gesehen. Glückwunsch!! Fünf Euro gingen in die Mannschaftskasse - ein Thüringer Mitstreiter wollte es wissen und verlor. Unsere Jungs landeten alle im Schnitt bei 70-80 km/h. Die teilnehmenden Eltern verfehlten meist das 20 Meter breite und 5 Meter hohe Tor. Namen werden nicht erwähnt.

Die Mannschaftskasse war zwar voll genug, aber wenn es schon mal läuft, warum nicht weiter machen? Am zweiten Abend sollte der Hunger in einem XXL-Restaurant ausreichend gestillt werden. Und dort sollte die zweite Herausforderung auf Tobi warten: 1,5 kg-Schnitzel mit Pommes, dazu 1 Liter Weizenbier und das in 60 Minuten. Wer es schafft, spart 40 Euro. Trotz leichter Zahnschmerzen ging er es an. Mutig, mutig. Mir war schon bei meinem XL-Teller (800g-Schnitzel) nach der Hälfte der Menge die Lust am Essen vergangen. Tobi kaute und trank, immer rein damit….hmmm war das lecker…diese trockene Panade und dann die wabbeligen Pommes dazu…ein Gedicht für jeden Feinschmecker. Er gab alles und hätte es beinahe auch geschafft. Es war wirklich knapp. Die Pommes sowie ein klitzekleiner Rest vom Schnitzel blieben übrig. Als fairer Gewinner teilte ihm der Kellner dann auch mit, dass er Salat anstatt Pommes und Selter anstatt Weizen hätte nehmen können. Was in der Nacht noch passierte, weiß nur Sascha. Er musste sich mit ihm ein Zimmer teilen.

Kapitel 5: Italienische Momente

Meine Schadenfreude über Italiens Niederlage im Euro-Endspiel will ich nicht verbergen. Als Freund italienischer Spezialitäten und der mediterranen Kultur genießen diese bei mir ein hohes Ansehen. In „Dräschdn“ ist aber auch da die Welt etwas anders gestrickt. Oder sind die Italiener einfach nur übermütig geworden?

Am ersten Abend gingen wir in die Altstadt zum Pizza essen. Seltsamerweise war das Touristenzentrum nicht mit Gastronomie übersät. „Vapiano“ war zu voll und einen Tick zu teuer. Immerhin sollten 24 Personen einreiten und verpflegt werden. Endlich fanden wir ein Restaurant mit einem netten Kellner, der uns auf seine Art begrüßte: zwei hochgehaltene Finger an der rechten Hand und einen in der linken (Anspielung auf das Euro-Halbfinalergebnis). Wir hätten normalerweise sofort umkehren müssen. Uns blieb aber nichts anderes übrig. Die Kinder hatten ja Hunger. Trotz der längeren Wartezeit und dem reduziertem Pizzabelag war es am Ende noch sehr spaßig und nett.

Einen Tag später. Sonntag, der angesetzte Kulturtag. Nachdem wir die Elbe-Dampferfahrt knapp verpassten, entschieden wir uns für eine Stadtrundfahrt mit zwei doppelstöckigen Droschken. Reiten statt surfen. Ein Heidenspaß für uns alle und ein sehr schöner Abschluss. Lust zum Laufen hatte so und so keiner mehr. Schnell mal von der Kutsche 24 Plätze bei der italienischen Eisdiele reservieren, die Kasse leeren und dann nach Hause. Aber so einfach war es dann doch nicht. Alle nahmen Platz und wie es so üblich ist, überlegt sich jeder, welche Kugeln er am liebsten essen möchte. Bleiben nur noch die Fragen, ob mit oder ohne Sahne und ob ein paar Früchte den Genuss noch versüßen können. Wir haben aber nicht mit Alfredo (Pseudo) gerechnet. Ein 1,60m großer Kellner, der überhaupt keine Lust hatte nur ansatzweise über eine Bestellung außerhalb seiner Speisekarte zu sprechen. Wer widersprach, wurde angeblafft. Und wer freundlich nachfragte, erfuhr mehr von seinem schlechten Leben und seinen zurückliegenden 18 Stundenarbeitstagen. Es gab also eine klare Hierarchie in seiner Servicekultur: Kunde=lästig und unten in der Nahrungskette angesiedelt sowie Alfredo=König und handeln nach Lust und Laune. Wir wollten ihm anfänglich und aus Respekt die ganze Mannschaftkasse ohne Verzehr übergeben, entschieden uns dann aber doch anders: aufstehen und Alfredo mit sich und seiner Welt alleine lassen. Zum Glück bot die Münzgasse in Dresden freundliche Alternativen.

Kapitel 6: Eltern sein ist schwer. Ein Apell.

Wir erlebten eine äußerst gelungene und harmonische Abschlussfahrt mit vielen Lachern über die Tage verteilt. Nun überlegt man aber auch im Nachgang, was man anders oder noch besser machen kann. Also: „The Perfect-Tour“ und nicht in Richtung „Hangover“. Unsere Truppe ist klasse. Eltern sowie Kinder. Benny, Tobi und Sascha hatten es aber nicht immer und in jeder Situation einfach. Die Kinder sind dabei weniger der Auslöser. Unser Triumvirat hat die Truppe voll im Griff.

Wir - die Eltern – das sind die Urheber für manche Diskussionen. Grundsätzlich verständlich, das sind ja unsere Kinder und jeder hat seine eigenen Vorstellungen, wie mit ihnen umgegangen werden soll und welche Regeln gelten. In einer Gruppenreise läuft es aber etwas anders und das müssen wir noch lernen. Also nachsitzen für alle. Wir sollten uns dabei nicht so wichtig nehmen. Wir sind hierbei nur unterstützende Zaungäste oder Bedarfsdecker für notwendige Kuscheleinheiten. Alles andere müssen wir den dem Trainerstab überlassen und diese genießen mein vollstes Vertrauen. Was heißt das konkret? Ich habe auf diesen Fahrten nichts zu bestimmen – außer über meinen eigenen Freiraum – und die Ansprechpartner der Kinder in allen Regelfragen sind unsere drei Mannschaftsmonarchen: Benny, Tobi und Sascha. Loslassen. Das müssen wir lernen! Es fördert die Autorität der Trainer, die Arbeit mit der Mannschaft und die Kinder lernen andere Führungsstrukturen respektieren. Wir haben auf solchen Fahrten eine tolle Gelegenheit dabei zu sein und die Kinder zu beobachten. Anders ist es auf Klassenfahrten. Besser geht’s doch für uns Eltern nicht, oder? Wir stecken alle in derselben emotionalen Zwickmühle und die Kids sehen die Welt so und so anders als wir. Mein Elternfazit: Mannschaftsfahrten müssen verstärkt gefördert werden. Das ist ein Highlight für die Kinder und psychologisch sehr wertvoll für die Eltern im Abnabelungsprozess. Unsere Planungen 2012/2013 laufen an. Gut so! Und ich freue mich schon auf die nächste Tour.

Und nun noch eine TV-Empfehlung für Andi: „Galileo“ und „Clever, die Show, die Wissen schafft“. Feuer und Plastik vertragen sich nicht sonderlich gut. Oder lass einfach den Sambuca weg.

Und der Tipp für Moni: es kann schon mal sein, dass in Großstadtinnenlagen nicht nur essbare kulinarische Köstlichkeiten angeboten werden. Der gesehene „Exotic Markt“ hieß „Erotic Maxx“. Ich kann ja mal gucken gehen, was die dort anbieten.

Kapitel 7: Girls and boys

Was macht heute eine Fahrt für Jungs im Alter zwischen 10-12 Jahren so richtig interessant? Fußball? Iphone-Spiele? Abends im Zimmer ein wenig Blödsinn mit den Kumpels machen? Nicht wirklich. Es waren die Gruppenübungen „Mädchen anquatschen“. Das warme Wetter sowie die vielen Gäste in der Jugendherberge boten die beste Grundlage für maximalen Übungserfolg. Wer hat den Mut? Wer traut sich? In der Gruppe geht’s dann doch einfacher. Die Dresdener Mädels waren neben der schönen Altstadt für viele das persönliche Highlight. Jede Gelegenheit wurde – natürlich mit einem noch notwendigen Sicherheitsabstand - genutzt. Einige werden Bilder ihres Lieblingsmodels mit nach Hause nehmen und gerne an Dresden zurückdenken. Wir waren nicht anders, in der Regel nur etwas älter.  

 

Heute fragte ich Momo, was er denn an der Fahrt am schönsten fand? Seine Antwort: "Einfach alles"! Die Gegenfrage brach er irgendwann ab, weil ihm nichts Relevantes einfiel. Ich denke, dass er der Mannschaft aus der Seele spricht. Es bleiben nur die schönen Eindrücke übrig und die Wahrnehmung der Mannschaft ist der wichtigste Spiegel für eine erfolgreiche Mannschaftsfahrt. Also rundeherum gelungen. Danke Benny, Tobi und Sascha!! Es war ein schöner und würdiger Abschluss nach einer hart umkämpften Saison.

Jetzt ist endlich Sommerpause. Unser Wiedersehen ist für den 11.08.12 (Sommerfest – garantiert ohne Ronny und Helmut), 20.08.12 (Elternabend) und den 30.08.12 (Trainingsauftakt) geplant. Der Restbetrag in der Mannschaftskasse reicht noch für ein oder zwei „selbst ausgesuchte“ Eissorten in freundlicher Umgebung. Es wäre ein schöner Start mit lächelnden Erinnerungen. Schöne Ferien und dann herzlich willkommen.